Was ist TPMS?
Tire pressure monitoring systems (TPMS) bzw. Reifendruckkontrollsysteme (abgekürzt RDKS oder RDK) dienen der Überwachung des Reifendrucks bei Kraftfahrzeugen. Dieser Blogbeitrag soll einen Einblick in die Vorschriften, Funktionen und Lösungen von heutigen TPMS geben.
Von Karl Chmielewski
2. Dezember 2024
•Lesedauer: 5 Minuten
Die Vorschriften für TPMS
Seit dem 1. November 2014 gilt die EU-Richtlinie ECE-R 64. Demnach müssen alle Fahrzeuge der Klasse M1, die zur Personenbeförderung ausgelegt sind, acht Sitzplätze plus einen Fahrersitz aufweisen und eine Gesamtmasse von 3,5 Tonnen nicht übersteigen, von den Fahrzeugherstellern mit einemTPMS ausgestattet werden. Die Richtlinie schreibt jedoch nicht vor, welches Reifendrucküberwachungssystem verwendet werden muss. Sowohl direkte als auch indirekte Systeme sind zulässig, sofern sie die Anforderungen und Bedingungen der ECE-R 64 erfüllen. Diese Vorschrift schreibt nur die Funktionalität vor, nicht aber, ob ein Original- oder ein Nachrüstsensor erforderlich ist.
Seit dem 6. Juli 2022 schreibt die EU-Regelung ECE R141 vor, dass zusätzlich zu den Fahrzeugen der Klasse M1 alle Fahrzeuge der Klasse N1, die für die Beförderung von Gütern ausgelegt und gebaut sind und weniger als 3,5 Tonnen wiegen, ebenfalls mit TPMS ausgerüstet werden müssen. TPMS lassen sich in zwei kategorien unterteilen: iTPMS (indirect tyre pressure monitoring system) und dTPMS (direct tyre pressure monitoring system).
Indirect tyre pressure monitoring system (iTPMS)
Beim iTPMS handelt es sich um eine reine Softwarelösung, die passiv aus der Drehzahl der Räder einen Druckverlust detektieren kann. Die in den meisten Fahrzeugen vorhandene Sensorik für ABS (Antilock Braking System) ist in der Lage, den Abrollumfang und die Schwingung der Reifen zu messen.
Beim Abrollumfang wird mithilfe einer Zahnscheibe und einem Hallgeber die Raddrehzahl abgetastet und so die Drehgeschwindigkeit der Räder bestimmt. Die Drehgeschwindigkeiten werden diagonal miteinander verglichen (d. h. die Summe der Drehgeschwindigkeiten des rechten Vorder- und des linken Hinterrads mit der Summe der Drehgeschwindigkeiten des linken Vorder- und des rechten Hinterrads).
Der Grund für diesen Vergleich ist, dass die Drehgeschwindigkeit der kurveninneren Räder bei Kurvenfahrten geringer ist, als bei den kurvenäußeren. Die Differenz der Summen wird durch die Durchschnittsgeschwindigkeit dividiert, wodurch ein indirektes TPMS-Verhältnis entsteht, das von der Fahrgeschwindigkeit unabhängig ist und eine feste Toleranz besitzt.
Als Formel (RF: Right Front; LR: Left Rear; LF: Left Front; RR: Right Rear):
Dieses Verfahren wird als 1. Generation des iTPMS bezeichnet, bei der ein gleichzeitiger Druckverlust an allen vier Rädern nicht festgestellt werden kann.
Bei einem Druckverlust verringert sich der Außendurchmesser des Rades und damit auch der Abrollumfang. Im Vergleich zu den anderen drei Rädern dreht sich das Rad schneller und ein Druckverlust wird erkannt. In der Instrumententafel des Fahrzeugs wird eine Warnmeldung ausgegeben, dass ein Reifendruckverlust erkannt wurde.
Mit der 2. Generation von iTPMS wird zusätzlich die Schwingungsfrequenz der Räder überprüft. Der Hallsensor tastet die Zahnscheibe hochfrequenter ab und kann so bestimmen, ob die Schwingung zwischen Reifengürtel und Felge mit der Referenz des Schwingungsmodus zusammen passt. Diese Schwingung ist druckabhängig, wodurch bei einer Verschiebung der Schwingung von einem Druckverlust ausgegangen werden kann. Da diese Methode radindividuell ist, kann ein Druckverlust bei allen vier Rädern gleichzeitig erkannt werden. Um die gesetzliche Anforderung ECE R64 zu erfüllen, müssen beide Verfahren beim iTPMS eingesetzt werden.
Der Vorteil von iTPMS sind die geringen Kosten, da es sich um eine reine Softwarelösung handelt.
Der Nachteil bei diesem Verfahren ist, dass keine Reifendruckwerte oder Temperaturen gemessen werden, wodurch die Methode ungenauer als das direkte TPMS ist. Des Weiteren muss sich bei diesem Verfahren das Fahrzeug in Bewegung befinden, um einen Druckverlust festzustellen.
Wird ein Reifenwechsel oder eine Reifendruckanpassung durchgeführt, so muss jedes Mal vom Fahrer ein Reset des Systems ausgeführt werden. Dieser Reset wird in der Regel entweder über eine physische Taste oder über ein Menü des Bordcomputers durchgeführt. Durch den Reset wird das System an die neuen Werte für Raddrehzahlen und Frequenzen angelernt, welche als Referenz bei der Messung genommen werden. Während des Anlernens muss das Fahrzeug eine gewisse Geschwindigkeit erreichen und über eine gewisse Dauer bewegt werden. Die Geschwindigkeit und die Dauer des Anlernens sind von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich.
Direct tyre pressure monitoring system (dTPMS)
Beim dTPMS handelt es sich um eine Hardwarelösung, bei der ein Sensor innerhalb des Reifens verbaut wird oder Sensoren sich in den Ventilkappen befinden. Die Ausführungen der Sensoren unterscheiden sich je nach Hersteller.
Zum einen gibt es sogenannte banded TPM-Sensoren, hierbei handelt es sich um einen Sensor, der an einem Metallband befestigt ist und dieses über die Felge montiert wird. Dieses Verfahren wird eher selten angewendet.
Bei der gängigsten Version liegt der Sensor im Reifeninneren an der Felge an und ist mit dem Radventil verbunden. Bei dieser Form gibt es zwei unterschiedliche Ausführungen: Zu einem ein Sensor, der mit einem Gummiventil verbunden ist, auch Snap-In-TPM-Sensor genannt. Dieser ist für Geschwindigkeiten bis zu 210 km/h zugelassen.
Außerdem gibt es Sensoren auf dem Markt, die mit einem Metallventil verbunden sind, auch Clamp-In-TPM-Sensor genannt. Diese ist die gebräuchlichste Form und verfügt über keine Geschwindigkeitsbegrenzung.
Die neuste Art der TPMS-Sensoren sind im Gummi des Reifens verbaut. Hierbei handelt es sich um High-End-Class Reifen, die vor allem bei hochwertigen Fahrzeugen eingesetzt werden.
Zusätzlich gibt es Nachrüstsets für ältere Fahrzeuge, bei denen die Sensoren in den Ventilkappen verbaut sind. Die Reifendruckwerte werden über Bluetooth an ein zusätzliches Gerät gesendet unddort angezeigt.
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Sensortypen:
- Programmierbare: Unbeschriebene Nachrüstsensoren, die mit einem speziellen Sensor-Programmiertool programmiert werden.
- Konfigurierbare: Nachrüstsensoren, die über eine Reihe an verfügbaren Protokollen im Speicher verfügen und mit einem TPMS-Diagnosetool konfiguriert werden.
- Multi-Protokoll-Sensoren: Nachrüstsets, die mit den gängigsten Protokollen vorprogrammiert wurden und direkt einsatzfähig sind. Der Nachteil bei diesen Sensoren ist, dass ein Diagnosegerät das richtige Protokoll lesen muss, um die Daten des Sensors auszulesen.
- One-to-One-Sensoren: Diese werden direkt vom Fahrzeughersteller geliefert und sind von Haus aus auf das jeweilige Fahrzeug vorkonfiguriert.
Die Funktion eines TPMS-Sensors besteht darin, den Innendruck und die Innentemperatur des Reifens zu messen. Diese beiden Messwerte werden zusammen mit einer UID (Unique Identifier) und dem Sensorstatus (Batterielevel) über RF (Radio Frequency) an ein Steuergerät gesendet. Da es für die Übertragungsfrequenz dieser Werte keine Norm gibt, werden je nach Hersteller Frequenzen von 315 MHz oder 433 MHz eingesetzt, wobei einige Hersteller TPMS-Sensoren mit beiden Frequenzen anbieten. Auch bei der Modulation der Daten vom Sensor zum Steuergerät, besteht keine Norm. Aus diesem Grund können je nach Hersteller folgende Modulationen angewendet werden:
- ASK-Modulation (Amplitude-shift keying)
- FSK-Modulation (Frequency-shift keying)
- GFSK-Modulation (Gaussian frequency-shift key)
- OOK-Modulation (On-Off-Keying)
Die UID der Sensoren verhindert Fehlinterpretationen, falls sich das Fahrzeug zu nahe an anderen dTPMS Sensoren befindet, außerdem ermöglicht es beim High-Line-System die Zuordnung der Messwerte zu jedem einzelnen Reifen. Die generelle Lebensdauer eines TPMS Sensors beträgt je nach Hersteller zwischen 5 – 10 Jahren.
Das dTPMS unterscheidet sich zusätzlich in zwei Varianten, dem High-Line-System und dem Low-Line-System.
High-Line-System
Beim High-Line-System sind LF (Low frequency) Transmitter in der Nähe der Räder montiert, welche mit ASK-Modulation (Amplitude-shift keying) bei 125kHz die Sensoren einzeln antriggern. Bei diesem Verfahren sind die Sensoren nicht dauerhaft eingeschaltet, stattdessen sendet das Steuergerät sobald die Zündung eingeschaltet ist regelmäßig eine Anfrage, um die Werte abzurufen. Die Sensoren werden nacheinander aktiviert, wodurch mithilfe der UID die Position des Rades bestimmt werden kann. Dieses System ermöglicht es, den Reifendruck jedes einzelnen Reifens im Dashboard anzeigen zu lassen.
Low-Line-System
Beim Low-Line-System werden die Signale, je nach Hersteller, zu festen oder zufälligen Zeitpunkten verschickt. Die Sensoren sind nicht miteinander verbunden und können zeitgleich Daten ans Steuergerät schicken, wodurch es zu Kollisionen der Daten kommen kann. Aus diesem Grund schicken die Sensoren mehrmals das Signal, um die Wahrscheinlichkeit einer Kollision zu vermindern. Wird eine schnelle Änderung des Reifendrucks festgestellt oder eine Erhöhung der Temperatur im Inneren des Reifens, fangen die jeweiligen Sensoren selbständig an, die Daten in kürzeren Abständen zu versenden, damit sichergestellt wird das diese auch ankommen.
Der Nachteil bei diesem Verfahren ist, dass in der Instrumententafel nur die Lampe für niedrigen Reifendruck aufleuchtet, und man nicht informiert wird, um welchen Reifen es sich handelt. Außerdem ist es nicht möglich, den Druck einzelner Reifen abzurufen. Das Low-Line-System ist das Gebräuchlichere der beiden dTPMS-Systeme, da es sich um die günstigere Variante handelt.
Was bietet Geotab?
Geotab bietet die Möglichkeit, die einzelnen TPMS-Werte eines Fahrzeugs über MyGeotab auszulesen und grafisch anzeigen zu lassen.
Es gibt eine weitere, einfache Möglichkeit, die Reifendruckwerte einer Flotte zu überwachen: die Dashboard-Anzeige kritischer Reifendruckwerte, die ein konfiguriertes Level unter- oder überschreiten.
Darüber hinaus kann MyGeotab eine E-Mail-Benachrichtigung verschicken, wenn die konfigurierten Reifendruckwerte unter- oder überschritten werden.
Durch die TPMS-Überwachung werden die Reifen geschont, die Sicherheit erhöht und die Umwelt durch einen geringeren Kraftstoffverbrauch geschont.
Marketplace Partner in Europa:
https://marketplace.geotab.com/solutions/pirelli/
Lesen Sie unsere Pressemitteilung:
https://www.geotab.com/press-release/continental-tire-pressure-monitoring/
Abonnieren Sie den Geotab Blog
Karl arbeitet seit 2021 als Solution Engineer bei Geotab. Zusammen mit Kunden und Partnern arbeitet er an allgemeinen sowie individuellen Lösungen im Telematikbereich. Seine Stärken liegen im Bereich Elektrotechnik, wo er an die jeweiligen Anforderungen beratend fungiert.
Inhaltsübersicht
Abonnieren Sie den Geotab Blog
Verwandte Beiträge
Das Partner-Trainingsprogramm von Geotab: Lernen für dauerhaften Erfolg
22. Juli 2024
Lesedauer: 2 Minuten
Mit Telematik Fuhrparkkosten reduzieren und Kosten sparen
16. Mai 2024
Lesedauer: 7 Minuten
Was sollten Sie beim Kauf einer Telematiklösung für leichte Nutzfahrzeuge beachten?
27. März 2024
Lesedauer: 4 Minuten
Mit Telematik die Fuhrparkproduktivität messen und Ausfallzeiten verringern
29. November 2023
Lesedauer: 4 Minuten
Der vollständige Leitfaden zum Motorleerlauf: So verstehen, erkennen und stoppen Sie Leerlauf
14. November 2023
Lesedauer: 7 Minuten
Top 10 Indikatoren für ein effizientes Wartungsmanagement im Fuhrpark
1. November 2023
Lesedauer: 5 Minuten